Interview zwischen der Ärztescoutin des Kreises Viersen und Herrn Harald Hüsgen, seit 1994 niedergelassener Hausarzt in Willich-Schiefbahn.
In dem Interview spricht unsere Ärztescoutin Laura Otten mit dem Hausarzt Harald Hüsgen aus Willich- Schiefbahn über den Hausarztberuf, die Niederlassung und weitere Themen. Herr Hüsgen kommt ursprünglich aus Schiefbahn und hat sich mit Wohn- und Arbeitsort auch dort niedergelassen. Er ist verheiratet und Vater von sechs Kindern. Im Jahre 1986 hat er seine Approbation als Arzt erhalten und ist ausgebildeter Kinder- und Jugendarzt sowie Allgemeinmediziner. Gleichzeitig ist er Vorstand des Ärztenetz- linker-Niederrhein e.V. sowie im Vorstand der KV-Kreisstelle Viersen tätig und war mehrere Jahre ehrenamtlicher Richter am Sozialgericht in Düsseldorf. Heute engagiert er sich auch beim Flüchtlingscamp der Stadt Willich.
1. Seit wann sind Sie niedergelassener Arzt im Kreis Viersen?
Ich habe im Januar 1994 ein Grundstück in Willich gekauft und meine Praxis im November 1994 eröffnet.
2. Warum haben Sie sich niedergelassen?
Zum damaligen Zeitpunkt habe ich in einer Klinik gearbeitet. Nachtschicht, Wochenenddienste und 350 Arbeitsstunden im Monat waren Normalität. Ein Großteil meines Lebens fand also in der Klinik – abseits meines privaten Lebens – statt. Das wollte ich ändern und suchte nach einer Alternative. Eine Urlaubsvertretung in einer Kinderarztpraxis sowie die vorübergehende Mitarbeit in einer Hausarztpraxis haben mich letztendlich davon überzeugt, in eine eigene Niederlassung zu gehen. Ursprünglich wollte ich mich als Kinder- und Jugendarzt in Willich niederlassen. Leider war dies nicht möglich, da es zum damaligen Zeitpunkt keinen freien Arztsitz gab, so dass ich mich dann dazu entschlossen habe, eine Praxis als Hausarzt zu eröffnen.
3. Was macht den Kreis Viersen sowie die Stadt Willich als Niederlassungsstandort für Sie attraktiv?
Nachdem ich beruflich fast zehn Jahre fern war hatte ich den Wunsch, wieder in meinen Heimatort Willich zurück zu kehren. Es ist ländlich und trotzdem ist man nahe an den großen Städten wie Mönchengladbach, Krefeld, Neuss und Düsseldorf. Man muss also maximal eine halbe Stunde mit dem Auto fahren und ist mitten in der Stadt, mit Oper, Theater, Kino, Shopping und allem was man braucht. Zweifelsohne sind die ÖPNV-Angebote ausbaufähig. Die Anbindung an die großen Städte wird jedoch durch den Ausbau neuer Verbindungen besser. Schiefbahn selbst ist ein schöner Ort mit zwei der besten Metzgereien, guten Bäckereien und vielen weiteren hochwertigen Einkaufsmöglichkeiten. Hier wohnen außerdem freundliche Menschen aus gut bürgerlichen Verhältnissen mit überdurchschnittlichem Bildungs- und Einkommensniveau. Überhaupt sind „Rheinländer“ fröhliche und verträgliche Menschen – und sie als Patientinnen und Patienten zu betreuen ist eine erbauliche Angelegenheit von Herz und Verstand gleichermaßen. Niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten bietet der Kreis Viersen zudem eine Besonderheit: Die verpflichtende Teilnahme an Notdiensten kann – gegen einen kleinen monatlichen Beitrag – an die Notdienstpraxis abgegeben werden. Das schafft natürlich in diesem Bereich eine Entlastung, welche andere Regionen vielleicht nicht bieten.
4. Was macht Ihren Beruf als Hausarzt aus?
Medizin ist kein Gewerbe. Ärztinnen und Ärzte sorgen sich um eines der höchsten Güter überhaupt: die Gesundheit der Menschen, die sich uns – vor allem uns Hausärztinnen und Hausärzten - anvertrauen. Die Freude daran, mit den Menschen zu leben und der Arzt zu sein, den sie kennen, der für sie da i st, der sie in vielen Lebensfragen berät und begleitet - von Geburt an, über das ganze Leben hinweg, bis hin zum Tod. Das Vertrauen meiner Patienten ist mir gleichermaßen ein Ansporn und Motivation, eine Ehre und eine Pflicht, der ich mich stelle und weit über die „Zulassung“ als kassenärztlicher Vertragsarzt handeln lässt.
5. Was sollte man bei einem Niederlassungsvorhaben aus Ihrer Sicht berücksichtigen? Hatten Sie Unterstützung bei Ihrem Vorhaben?
Für mich ist der Rückhalt und das Einverständnis der Familie der wichtigste Faktor für ein Niederlassungsvorhaben. Standort, Praxiseinrichtung, Gerät oder auch ein bestehender Patientenstamm spielten für mich eine untergeordnete Rolle. Wenn man ein guter Arzt ist und sich einen guten Ruf erarbeitet, dann kommen die Patientinnen und Patienten von ganz allein. Die menschliche Komponente spielt, aus meiner Sicht, die entscheidende Rolle für den Erfolg der eigenen Praxis. Die Gründung meiner Praxis war ein Mammutprojekt. Dies musste ich damals ohne viel Hilfe oder Unterstützung meistern und habe es trotzdem geschafft. Natürlich musste ich die Formalitäten klären und die Voraussetzungen erfüllen, um diese Praxis zu eröffnen. Dazu gehörte, dass ich mich bei der Stadt nach einem Baugrundstück erkundigte, bei der Bank einen Kredit beantragte und mich beim Zulassungsausschuss der KV Nordrhein für den Arztsitz bewarb.
6. Wer sind die wichtigen Ansprechpersonen für dieses Vorhaben?
Ich denke, dass sich junge Medizinerinnen und Mediziner bei verschiedenen Stellen, wie beispielsweise der KV Nordrhein, beraten lassen sollten. Als Ansprechpartner beim Kreis Viersen gibt es nun auch die Ärztescoutin, die bei der Suche nach den richtigen Ansprechpartnern unterstützend zur Seite steht. Ich empfehle zudem, Gespräche mit bereits niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten zu suchen. Sie können ebenfalls als Ansprechpersonen dienen. Wir niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte stehen heute schon längst nicht mehr in Konkurrenz zueinander. Wir brauchen einander, um der großen Aufgabe weiterhin gerecht werden zu können, die Menschen gut zu versorgen.
7. Hätte Ihnen eine Hospitation(sförderung) damals geholfen? Wenn ja, wie?
Ja. Ich selber habe vor meiner Niederlassung in verschiedenen Praxen gearbeitet und einen Einblick in das Leben und Arbeiten als Hausarzt gewonnen. Es hat mir gezeigt, wie schön der Hausarztberuf ist, und meinen Wunsch, selber Hausarzt zu werden, gefestigt.
8. Möchten Sie Ihre Praxis/ Ihren Arztsitz irgendwann weitergeben?
Gerne würde ich meine Praxis in ein paar Jahren an eine Kollegin oder einen Kollegen weitergeben. Ich möchte aber nicht ad hoc in den Ruhestand gehen und meine Praxis einfach abgeben, sondern meine Patientinnen und Patienten in die Tradition der häuslichen Versorgung vernünftig „übergeben“. Mir schwebt vor, zwischen der „alten“ Hausarztwirklichkeit, die ich verkörpere, und einer „neuen“ Versorgungswirklichkeit einen Übergang zu schaffen. Ich kann mir daher auch verschiedene Niederlassungsformen für den Übergang vorstellen. Dadurch könnte ich die Arzttätigkeit nach und nach an eine neue Kollegin oder einen neuen Kollegen überleiten. Ganz in Absprache könnte ich weiterhin das Praxismanagement übernehmen beziehungsweise dabei unterstützen oder als „personelle Reserve“ zur Verfügung stehen.
9. Was sollte Ihre Nachfolgerin oder Ihr Nachfolger mitbringen?
Die medizinische Qualifikation sowie klinische Weiterbildungszeiten sind natürlich die Basis. Zudem sollte die Bereitschaft, sich neben fachlichen auch vielen menschlichen Herausforderungen zu stellen, sowie Empathie, flexibles Denken und Planen vorhanden sein. Die junge Generation besteht aus Teamplayern, ist kommunikativ. Ich hoffe auch, dass ich mitbringe was junge Ärztinnen und Ärzte brauchen, damit wir eine Zukunft für die Praxis gestalten können.
10. Wie und wo würden Sie nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger suchen? Welche Maßnahmen würden Sie ergreifen/ haben Sie bereits ergriffen?
Meine Praxis gehört zu einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft. Mein Kollege in Vorst und ich suchen schon lange nach weiteren Mitarbeitern oder Mitarbeiterinnen. Dieses Interview sowie die Kontaktaufnahme mit der Ärztescoutin des Kreises Viersen sehe ich ebenso als Chance, um auf die Praxis aufmerksam zu machen und Unterstützung zu finden.
11. Würden Sie sich jederzeit wieder für eine Niederlassung als Hausarzt entscheiden? Warum/ Warum nicht?
Ja, ich würde diesen Weg wieder gehen. Hausarztpraxen sind Kleinunternehmen mit bestem Ruf und großer Beliebtheit. Die Arbeit als Hausarzt ist für mich eine Symbiose aus Privatleben und Beruf. Diese Praxis ist mein Leben!
12. Würden Sie weiterhin eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) bevorzugen? Warum/ Warum nicht? Vor-/Nachteile?
Seit etwas mehr als 20 Jahren besteht unsere Berufsausübungsgemeinschaft. Wir hatten bis heute keine Zweifel, keine Probleme und sind gemeinsam erfolgreich. Wir teilen Kompetenzen, halbieren unser Risiko, sind miteinander im Austausch, können uns unterstützen und vertreten. Somit können wir eine bestmögliche Versorgung unserer Patientinnen und Patienten gewährleisten.
13. Wer gehört zur BAG und zu Ihrem Team? Ist die BAG sowie Ihr Team vollständig?
Wir sind zwei Ärzte in zwei Praxen. Zudem entlastet mich eine Hausärztin im Ruhestand. Wir sind ein „Top - Team“! Für dieses Team suchen wir nach weiteren passenden Ärztinnen und Ärzten mit Interesse an einer Teilzeittätigkeit, und der Perspektive auf eine Vollzeitbeschäftigung. Gerne erst in Anstellung, mit der Option auf Übernahme. Wir bieten den Background der Erfahrung und das Vertrauen unserer Patient innen und Patienten durch einen „sanften Übergang“. Wir freuen uns auf Bewerbungen von qualifizierten jungen Ärztinnen und Ärzten. Gerne beraten wir auch und zeigen weitere Chancen auf.
14. Was würden Sie jungen niederlassungswilligen Medizinern oder Medizinerinnen empfehlen?
Werden Sie Hausärztin oder Hausarzt! „Leben Sie“ die ganze Medizin, das ganze Leben! Werden Sie Fachfrau oder Fachmann in „eigener Sache“ und seien Sie mit Ihrer ganzen Kompetenz für ihre Mitmenschen da. Genießen Sie höchstes Sozialprestige und führen Sie ein glückliches berufliches Leben.